Diese Dissertation führt das amharische Wort č̣äwata als Äquivalent des englischen Worts humor ein und verwendet es zur Beschreibung der Phänomene des Witzeerzählens und der humorvollen Unterhaltung. Kapitel 1 behandelt č̣äwata in der äthiopischen Historiographie und zeigt, dass Humor ein Teil der äthiopischen mündlich überlieferten Kultur ist, der bisher nicht ernsthaft gesammelt und untersucht wurde. Kapitel 2, 3 und 4 behandeln Humor in drei Begegnungsorten: Parlament, Theater und öffentliche Räume in Addis Abäba. In jedem Kapitel ist eine Fallstudie Grundlage für die Untersuchung von Art und Zweck von č̣äwata im jeweiligen Begegnungsort. Jedes Kapitel beginnt mit einer historischen Einordnung zur Kontextualisierung des jeweiligen Begegnungsorts. Daraufhin werden die Witze vorgestellt, übersetzt und untersucht. Alle Witze dieser drei Kapitel wurden einzeln in Hinblick auf die Humortheorie, der sie zugeordnet werden können, untersucht. Die Folgen und Ziele der gesammelten Witze wurden anhand der relief theory und der disparagement theory untersucht. Die Frage, die zu dieser Arbeit geführt hat, lautet: Welche Rolle spielt Humor im zeitgenössischen Addis Abäba? Diese Dissertation stellt den Zweck von Humor als Aktivität der Selbstreflexion, als Möglichkeit, den Mächtigen die Wahrheit zu sagen, als pädagogisch oder didaktisch, als Verhandlung der Macht zwischen politischer Elite und Bevölkerung und schließlich als Quelle der Unterhaltung dar. Der Wert dieser Forschung liegt darin zu zeigen, dass die Beziehung zwischen der äthiopischen Regierung und der Bevölkerung trotz des Vorhandenseins einer ernsthaften geschriebenen und dokumentieren politischen Kultur in Äthiopien auch durch die mündlich überlieferte Kultur der Äthiopierinnen und Äthiopier untersucht werden kann. Die Anzahl der Witze in dieser Dissertation beträgt 146 (ohne die Witze, die außerhalb der Fallstudien diskutiert werden). Jedes Kapitel analysiert die politischen und sozialen Realitäten des zeitgenössischen Addis Abäbas durch die Verbindung von Mikroanalyse der Witze, Beobachtungen der Beteiligten und historischer Erforschung, wie auch von Theorien und Konjekturen. Die in dieser Dissertation untersuchte č̣äwata wirft ein Licht auf einen informellen und häufig schwer fassbaren Kommunikationsbereich zwischen der Regierung und der Bevölkerung. Einige Aspekte der Beziehung zwischen Addis Abäba und der EPRDF, vor allem nach 2005, werden sowohl in den Witzen der regierenden Elite als auch der Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner hervorgehoben.