Gudula Lists langjährige Arbeit über die Fragen, wie der Mensch zu Sprache und zu Mehrsprachigkeit kommt, ist wie kaum eine andere im deutschsprachigen Raum disziplinübergreifend rezipiert und aufgegriffen worden. Dies hat seinen Grund nicht zuletzt darin, daß der genuine Ansatz der Jubilarin zwei Disziplinen – Psychologie und Linguistik – miteinander verschränkt. Aus diesem weiten theoretischen Horizont begründet sich auch ihr besonderer Verdienst, die üblicherweise unverbunden betrachteten "Mehrsprachigkeiten" hörender und gehörloser Menschen in einen Diskussionszusammenhang gebracht zu haben. Diese grenzüberschreitende wissenschaftliche Praxis spiegelt sich in den Beiträgen des Bandes, der Gudula List aus Anlaß ihres 60. Geburtstags (am 21. Dezember 1998) zugeeignet wurde.
Erörtert werden Aspekte der psychischen und linguistischen Dimension des Themas ebenso wie sprach- und bildungspolitische bzw. didaktische Konsequenzen von innergesellschaftlicher und von Grenzen überschreitender Mehrsprachigkeit. Ein Teil der Beiträge greift individuelle Mehrsprachigkeitserfahrungen auf, um – unter theoretischen wie praktischen Gesichtspunkten – ihren interkulturellen Radius auszumessen. Ein anderer Teil wendet sich institutionellen Aspekten zu, historisch und gegenwartsbezogen fokussiert auf die einstweilen eher geringen Chancen von Mehrsprachigkeit, ins System "sprachlicher Normalität" integriert zu werden.