Mythen der etablierten Sicherheitspolitik

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Autor/in:
Erscheinungsjahr:
2019
Medientyp:
Text
Schlagwort:
  • Politologie
Beschreibung:
  • Since 2017, the Study Group “European Security and Peace” of the Federation of German Scientists (VDW) has been working on the central interrelationships and challenges of European and global security. In doing so, it continues the VDW‘s tradition in the field of cooperative security and peace policy, in which science played a particular role. At the beginning of the VDW‘s foundation, questions of nuclear disarmament and arms control were at the forefront, which is reflected in particular in the “Göttingen Declaration of 1957 on Nuclear Armament” as well as in its participation in the international Pugwash movement.

    In the meantime, new security risks, complex conflict dynamics and crisis constellations have emerged alongside nuclear armament, from digitalisation to climate change. This development is accelerated by technical-scientific progress and its ambivalence as well as by economic and social processes of globalization. Under the changing conditions of the 21st century, the (apparent) stability of the previous world order is dissolving; the challenges for peace and security in and around Europe are increasing. The opportunities for a cooperative world order are dwindling. Nationalist power politics is fuelling a chaotic dynamic that increases the danger of a new uncontrollable arms race, weakens established forms and institutions for dealing with conflicts and clouds the prospect of a sustainable European peace order. Following in the tradition of the VDW, the study group aims at contributing to a better understanding of the complex conflict dynamics through analyses, statements and events and to draw constructive conclusions for an appropriate peace policy.

    As its first project, the study group has analytically examined some “myths of established security policy”. Here, the ambiguous term “myth” refers to beliefs that have solidified into dogmas. They promote political decisions that are based on premises that need to be problematized. It is the task of science to critically question, interpret and examine the plausibility of assumptions underlying political decisions. It is evident that even highly problematic decisions can result from faulty assumptions. Widespread myths can block the path to appropriate social discourse and good politics.

    The goal the study group has set itself is to address some of these certainties as myths and to deconstruct them in order to break them up and thus correct them. Specific recommendations for action, however, take second place. The draft papers were discussed extensively and in part controversially in the study group. However, the responsibility for the deliberately pointed texts lies solely with the authors.

    The first delivery contains individual papers on the following topics: the cooperative world order (Lothar Brock), Russia and the European peace order (Sabine Jaberg), the effectiveness of robust military interventions in the Global South (Hans-Georg Ehrhart), the inadequate equipment of the German Federal Armed Forces (Michael Brzoska), the current relevance of arms control (Michael Staack) and the threat to security posed by climate change (Jürgen Scheffran). Further papers are in preparation. With the publication of the “Myth Papers” and related comments, a scientific discussion is to be initiated which – so the authors of the papers and the editors of the Friedens-Warte hope – will lead to critical reflection, but also to new ideas for a better, scientifically informed peace and security policy.
  • Die Studiengruppe „Europäische Sicherheit und Frieden“ der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) beschäftigt sich seit 2017 mit den zentralen Zusammenhängen und Herausforderungen der europäischen und globalen Sicherheit. Damit knüpft sie an die Tradition der VDW auf dem Gebiet der kooperativen Sicherheits- und Friedenpolitik an, in der die Wissenschaft eine besondere Rolle spielte. Am Anfang der Gründung der VDW standen Fragen der nuklearen Abrüstung und Rüstungskontrolle im Vordergrund, was sich insbesondere in der „Göttinger Erklärung von 1957 zur atomaren Bewaffnung“ sowie der Beteiligung an der internationalen Pugwash-Bewegung widerspiegelt. Inzwischen sind neben der atomaren Bewaffnung neue Sicherheitsrisiken, komplexe Konfliktdynamiken und Krisenkonstellationen hinzugekommen, von der Digitalisierung bis zum Klimawandel. Beschleunigt wird die Entwicklung durch den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Ambivalenz wie auch durch ökonomische und soziale Prozesse der Globalisierung. Unter den sich verändernden Rahmenbedingungen des 21. Jahrhunderts löst sich die (scheinbare) Stabilität der bisherigen Weltordnung auf; die Herausforderungen für Frieden und Sicherheit in und um Europa nehmen zu. Die Chancen für eine kooperative Weltordnung schwinden. Nationalistische Machtpolitik schürt eine chaotische Dynamik, die die Gefahr eines neuen unkontrollierbaren Wettrüstens steigert, etablierte Formen und Institutionen für den Umgang mit Konflikten schwächt und die Aussicht auf eine nachhaltige europäische Friedensordnung trübt. Anknüpfend an die Tradition der VDW möchte die Studiengruppe durch Analysen, Stellungnahmen und Veranstaltungen dazu beitragen, die komplexen Konfliktdynamiken besser zu verstehen und daraus konstruktive Schlüsse für eine angemessene Friedenspolitik zu ziehen. Als erstes Projekt hat sich die Studiengruppe analytisch mit einigen „Mythen der etablierten Sicherheitspolitik“ auseinandergesetzt. Der mehrdeutige Begriff des Mythos bezeichnet hier zu Gewissheiten geronnene Glaubenssätze. Sie fördern politische Entscheidungen, die von problematisierungsbedürftigen Voraussetzungen ausgehen. Es ist Aufgabe der Wissenschaft, Annahmen, die politischen Entscheidungen zugrunde liegen, kritisch zu hinterfragen, zu interpretieren und auf ihre Plausibilität hin zu untersuchen. Es ist evident, dass aus fehlerhaften Annahmen auch hochproblematische Entscheidungen resultieren können. Weitverbreitete Mythen können den Weg zu sachgerechtem gesellschaftlichem Diskurs und guter Politik blockieren. Einige dieser Gewissheiten als Mythen anzusprechen und zu dekonstruieren, um sie auf diese Weise aufbrechen und mithin korrigieren zu können, ist das Ziel, das sich die Studiengruppe gesetzt hat. Konkrete Handlungsempfehlungen stehen demgegenüber zurück. Entwürfe der Papiere wurden in der Studiengruppe umfassend und zum Teil kontrovers diskutiert. Die Verantwortung für die bewusst pointiert gehaltenen Texte liegt jedoch allein bei den Autor/innen. Die erste Lieferung enthält Einzelpapiere zu folgenden Themen: die kooperative Weltordnung (Lothar Brock), Russland und die europäische Friedensordnung (Sabine Jaberg), die Effektivität robuster Militärinterventionen im globalen Süden (Hans-Georg Ehrhart), die mangelhafte Ausrüstung der Bundeswehr (Michael Brzoska), die aktuelle Relevanz der Rüstungskontrolle (Michael Staack) sowie die Bedrohung der Sicherheit durch den Klimawandel (Jürgen Scheffran). Weitere Papiere sind in Vorbereitung. Mit der Veröffentlichung der „Mythenpapiere“ und darauf bezogener Kommentare soll eine wissenschaftliche Diskussion angesto die – so hoffen die Autor/innen der Papiere und die Herausgeber der Friedens-Warte – zur kritischen Reflexion, aber auch zu neuen Ideen für eine bessere, wissenschaftlich informierte Friedens- und Sicherheitspolitik führen soll.
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oai:www.edit.fis.uni-hamburg.de:publications/a9655595-bcb4-4f12-8ad4-ff88c068cd10