Interpretation von Fehlern der Schülerinnen und Schüler als Teil der diagnostischen Kompetenz von Lehramtsstudierenden für die Grundschule,Interpretation of Students’ Errors as Part of the Diagnostic Competence of Pre-Service Primary School Teachers
Das Verstehen der Denk- und Lernprozesse von Lernenden ist eine der größten Herausforderungen, denen sich Lehrerinnen und Lehrer im Unterricht stellen müssen. Fehlvorstellungen und Fehler stellen eine reichhaltige Informationsquelle für die Identifikation der Denk- und Argumentationsprozesse der Lernenden dar. Empirische Studien zeigen jedoch, dass es für (angehende) Lehrerinnen und Lehrer herausfordernd ist, ihre Interpretationen und pädagogischen Entscheidungen auf die Denkprozesse der Lernenden auszurichten, wenn sie die mathematischen Fehler der Lernenden erkennen. Basierend auf dem Ansatz der professionellen Unterrichtswahrnehmung untersucht die hier beschriebene Studie die diagnostische Kompetenz von angehenden Grundschullehrkräften vor und nach der Teilnahme an einer an mehreren chilenischen Universitäten durchgeführten Seminarsequenz. Unsere Analysen konzentrieren sich auf die Kompetenz der angehenden Lehrkräfte, Hypothesen über die Ursachen der Fehler der Lernenden zu formulieren. Die vorgeschlagenen Hypothesen wurden kategorisiert in solche, die die Fehler auf mangelndes begriffliches Verständnis der Lernenden zurückführten, in solche, die die Fehler mit mangelndem prozeduralem Verständnis erklärten und solchen, die ein Versagen im unterrichtlichen Vorgehen annahmen. Darüber hinaus wurde die Zusammenhänge der diagnostischen Kompetenz mit den beliefs und den universitären Lernmöglichkeiten der Lehramtsstudierenden untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die diagnostische Kompetenz von angehenden Grundschullehrkräften in Fehlersituationen und die Veränderungen dieser Kompetenz mit ihren beliefs, praktischen Erfahrungen und universitären Lernmöglichkeiten zusammenhängen. Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass es möglich ist, die diagnostische Kompetenz von angehenden Grundschullehrkräften während der universitären Lehrerausbildung zu fördern. Der Beitrag schließt mit Schlussfolgerungen für die Lehrerausbildung und die Durchführung zukünftiger Forschung.
Understanding students’ thinking and learning processes is one of the greatest challenges teachers face in the classroom. Misconceptions and errors have the potential to be a rich source of information for identifying students’ thinking and reasoning processes. However, empirical studies show that pre-service teachers (PSTs) and teachers find it challenging to focus their interpretations and pedagogical decisions on students’ thinking processes when they identify students’ mathematical errors. Based on the theoretical approach of noticing, the study described in this paper examines primary PSTs’ diagnostic competence in error situations before and after they participated in a seminar sequence implemented at several Chilean universities. Our analyses focus on PSTs’ competence with regard to formulating hypotheses about the causes of students’ errors. The proposed hypotheses were categorized into those that attributed errors to students’ lack of conceptual understanding, those that explained errors in terms of lack of procedural understanding, and those that assumed a failure of instructional strategies. In addition, the relationships between PSTs’ diagnostic competence, their beliefs and university learning opportunities were examined. The results indicate that PSTs’ diagnostic competence in error situations and the changes of this competence were related to PSTs’ beliefs, practical experiences, and learning opportunities. Overall, the findings suggest that it is possible to promote changes on PSTs’ diagnostic competence during initial teacher education. The paper concludes with implications for teacher education and future research.publishedVersio