Die aktuelle Strategie der Biodiversitätskonvention läuft im Jahr 2020 aus, ohne dass der weltweite Biodiversitätsverlust bislang gestoppt werden konnte. Wissenschaftler fordern nun deutlich ambitioniertere Schutzziele für die neu zu verhandelnde Strategie der nächsten Dekade. Gleichzeitig muss die Europäische Union (EU) eine neue Biodiversitätsstrategie formulieren. Um dazu gute Entscheidungen auf politischer Ebene treffen zu können braucht es fundiertes Wissen zum Umsetzungsstand der aktuellen Schutzziele und Szenarien, die die Auswirkungen potentieller neuer Schutzziele evaluieren. Ziel dieser Thesis war es, das europäische Naturschutzgebietsnetzwerk hinsichtlich seiner ökologischen Repräsentanz zu evaluieren und aufzuzeigen, wie gegebenenfalls vorhandene Schutzlücken basierend auf Prinzipien der systematischen Naturschutzplanung geschlossen werden könnten. Dazu wurden zwei Studien verfasst. Für die erste Studie wurde untersucht, ob das Natura 2000 Netzwerk der EU ökologisch repräsentativ im Sinne von Aichi Ziel 11 der aktuellen Strategie der Biodiversitätskonvention ist. Die zweite Studie zeigt mit drei verschiedenen Szenarien auf, wie das gesamte Schutzgebietsnetzwerk der EU systematisch erweitert werden könnte um deutlich ambitioniertere 30% oder 50% Schutzziele für jede Ökoregion in der EU umzusetzen. Die Methodik, die beiden Studien zugrunde liegt, ermöglicht es, das gesamte Schutzgebietsnetzwerk aller 28 EUMitgliedsstaaten hinsichtlich des Schutzstatus von Ökoregionen und Habitaten zu evaluieren. Dazu werden kürzlich entwickelte Repräsentanz-Maßzahlen verwendet, um noch vorhandene Schutzlücken aufzuzeigen. Um diese Lücken möglichst systematisch und kosteneffizient zu schließen, wurde zudem ein auf linearer Optimierung basierendes Modellsystem entwickelt. Die Ergebnisse der ersten Studie zeigen, dass das Natura 2000 Netzwerk von sechs europäischen Ökoregionen weniger als 10% schützt und damit nicht das Schutzniveau realisiert hat, dass notwendig wäre, damit es als ökologisch repräsentativ im Sinne von Aichi Ziel 11 gelten kann. Um diese Lücke zu schließen müsste die EU auf zusätzlich 15 187 km² (0.35% der Landfläche der EU) neue Schutzgebiete ausweisen. Die zweite Studie zeigt auf, dass die EU noch 6.6% ihrer Landfläche schützen müsste um das 30% Schutzziel für alle Ökoregionen zu verwirklichen und 24.2%, wenn das 50% Schutzziel realisiert werden sollte. Für alle getesteten Szenarien könnten die Schutzziele in den meisten Ökoregionen durch das Unterschutzstellen von naturnahen Flächen erreicht werden. In manchen Ökoregionen ist jedoch nicht mehr ausreichend naturnahe Fläche vorhanden. Dort müssten Mitgliedsstaaten auch intensiv land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen extensivieren um Schutzziele zu erreichen. Die Ergebnisse der ersten Studie zeigen, dass das Natura 2000 Netzwerk, obwohl es das weltweit größte Naturschutznetzwerk ist, nicht ökologisch repräsentativ ist und daher nicht als fertiggestellt betrachtet werden sollte. EU Mitgliedsstaaten sollten vielmehr weiter daran arbeiten noch vorhandene Schutzlücken zu schließen. Wie die zweite Studie zeigt, hat mehr als die Hälfte der europäischen Ökoregionen das 30% Schutzziel bereits erreicht und die noch vorhandenen Lücken könnten in fast allen Ökoregionen durch den zusätzlichen Schutz naturnaher Flächen geschlossen werden. Deutlich größere Anstrengungen müssten unternommen werden um die „Half-Earth“ Vision in der EU umzusetzen. Die Ergebnisse beider Studien können die Debatte um mögliche Ziele für die neue Biodiversitätsstrategie der EU nach 2020 unterstützen und Diskussionen über die Zukunft des Biodiversitätsschutzes innerhalb der EU anregen.
In October 2020, the signatories of the Convention on Biological Diversity (CBD) need to adopt a new global strategy for biodiversity protection. With biodiversity loss ongoing, scientists demand ambitious targets for the CBD’s post-2020 biodiversity strategy. Simultaneously, the European Union’s (EU’s) national biodiversity strategy runs out in 2020. Policymakers need assessments of the progress towards the current biodiversity strategy but also scenarios investigating the implications of potential post-2020 targets for well-informed decision-making. The aim of this thesis was therefore to develop a framework for evaluating and improving the ecological representation of the EU’s protected area (PA) network based on systematic conservation planning principles. This framework was applied in two studies: First, to evaluate the Natura 2000 network’s progress towards Aichi Target 11, which signatory parties to the CBD should accomplish until 2020. Second, to explore three scenarios illustrating how the EU could expand its PA network systematically to achieve potential higher 30% or 50% ecoregion coverage targets. The presented framework is the first that enables the evaluation and improvement of non-species biodiversity surrogates’ representation for the EU’s full PA extent including all 28 member states. It provides a gap analysis based on recently developed representation metrics and introduces a linear programming modeling system to simulate cost-efficient network expansion. The first study revealed that the coverage of six ecoregions falls short of the 10% representation target defined by the technical rationale to Aichi Target 11. 15 187 km² (0.35% of the European Union’s land territory) would be required to close these existing coverage gaps. The second study showed that to realize 30% and 50% ecoregion coverage, the EU would need to add 6.6% and 24.2% of its terrestrial area to its PA network, respectively. For all three scenarios, the EU could designate most recommended new PAs in semi‐ or natural ecosystems. However, some ecoregions did not have enough natural areas left to implement the ecoregion coverage targets. Therefore, some member states would also need to establish new PAs on productive land. Overall, the results of the first study show that the Natura 2000 network might be the world’s largest PA network, but it is still not ecologically representative and should therefore not be considered complete. The findings of the second study illustrate that more than half of all European ecoregions already reach 30% PA coverage and the remaining gap towards fully achieving that goal could be closed in the majority of ecoregions by protecting the remaining semi- or natural area. However, much greater effort would be needed to implement the Half-Earth vision in the EU. Both studies offer valuable information for the EU’s post-2020 biodiversity strategy debate and can support discussions on the future of European biodiversity conservation.