Wehrpflicht oder Freiwilligendienst? Einstellungen der Bevölkerung zur Bundeswehr und einer "Neuen Wehrpflicht" nach der Zeitenwende. UHH MOTRA Spotlight No. 14. Hamburg: Universität Hamburg.

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Autor/in:
Verlag/Körperschaft:
Universität Hamburg
Erscheinungsjahr:
2025
Medientyp:
Text
Schlagworte:
  • Bundeswehr
  • Krieg
  • Bedrohungserleben
  • Wehrpflicht
  • allgemeine Dienstpflicht
  • MOTRA
  • repräsentativ
  • Online Umfrage
Beschreibung:
  • Mitte 2024 wurde durch das Bundesverteidigungsministerium in Reaktion auf die Entwicklungen des Kriegs in der Ukraine sowie der weiteren Zuspitzungen militärischer Konflikte in verschiedenen Regionen der Welt über die Notwendigkeit der Verbesserung der eigenständigen militärischen Verteidigungsfähigkeit in Deutschland diskutiert. Bundesverteidigungsminister Pistorius brachte Anfang Juni 2024 erstmals Überlegungen und Pläne für die Ausgestaltung eines „Neuen Wehr­dienstes“ in die öffentliche Debatte ein. Anlass seiner Überlegungen und Pläne waren unter anderem Einschätzungen von Militärexperten, wo­nach Russland „in fünf bis acht Jahren“ in der Lage sein könnte, einen NATO-Staat anzugreifen und Deutschland dieser Herausforderung nur begegnen könne, wenn es darauf „sehr gut vorbereitet“ und „verteidigungsbereit“ sei.

    Kurz nach diesen Äußerungen des Bundesverteidigungsministers fand im Juni 2024 im Rahmen der 10. Erhebungswelle der MOTRA-Studie "Menschen in Deutschland International" (MiDInt) eine repräsentative Umfrage statt, in der auch Einstellungen gegenüber einer Dienstpflicht und zur Einführung eines von Verteidigungsminister Pistorius in die Debatten eingebrachten „Neuen Wehrdienstes“ erfasst wurden.

    Die Daten dieser Studie erlauben Feststellungen zur Akzeptanz einer Dienst- bzw. Wehrpflicht seitens der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland und die Einschätzung des Potenzials derer, die freiwillig bereit wären, eine militärische Grundausbildung zu absolvieren und anschließend der Reserve zur Verfügung zu stehen. In diesem Spotlight 14 werden die zentralen Ergebnisse dieses Teils der Studie – die offensichtlich auch im Sommer 2025 nichts an ihrer politischen Aktualität verloren haben – hier im Gefolge des ersten Nationalen Veteranentages öffentlich vorgestellt.

    Die Erhebungen fanden in Form von Online-Befragungen einer geschichteten Stichprobe eines Online-Access-Panels in der Zeit vom  28. Juni bis zum 8. Juli 2024 statt. Dabei wurden N = 2 430 Personen zwischen 18 und 69 Jahren erreicht. Die Verteilung der wichtigsten soziodemografischen Daten dieser Stichprobe ent­spricht den Verteilungen, wie sie in Deutschland für Personen über 18 Jahren auch in der Wohn­bevölkerung nach den Daten des Statistischen  Bundesamtes insgesamt zu finden sind.

    Etwa ein Viertel der Befragten lehnte jegliche Form einer Dienstpflicht ab; dies gilt insbesondere für Frauen und jüngere Menschen unter 30 Jahren. Knapp die Hälfte der Gesamtstichprobe befürwortet jedoch eine einjährige allgemeine Dienstpflicht für Personen unter 21 Jahren, die entwe­der bei der Bundeswehr oder in einer zivilen Einrichtung abgeleistet werden kann.

    Interesse an einer militärischen Grundausbildung bei der Bundeswehr äußerten 14% der Befragten; bei den unter 30-Jährigen liegt diese Rate bei knapp 19%.

    Eine solche Bereitschaft zu einer militärischen Grundausbildung bei der Bundeswehr findet sich in ähnlichen Größemnordnungen quer durch die politische Landschaft der Bundesrepublik, wenn die Sonntagsfrage als Kriterium der politischen Orientierung zugrunde gelegt wird. Lediglich bei Wählern der Partei Die Linke ist die Zustimmungsrate diesbezüglich besonders niedrig.

    Die subjektive Wahrnehmung einer Bedrohung durch einen möglichen Krieg beeinflusst das Interesse an einer solchen militärischen Grundausbildung deutlich. Den entscheidenden Grund für die Bereitschaft, an einer militärischen Grundausbildung bei der Bundesweht teilzunehmen, stellt dies aber nur bei etwa 20% der Gruppe der Interessenten an einer solchen Grundausbildung dar.

    Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Bereitschaft zu einem freiwilligen Dienst, auch im militärischen Bereich der Bundeswehr, relativ hoch ist. Das Potenzial der Personen, die freiwillig zu einem solchen Dienst bzw. auch zu einer militärischen Grundausbildung grundsätzlich bereit wäre, hat einen Umfang, der den gegenwärtig diskutierten Größenordnungen, die für erforderlich erachtet werden, um die Bundeswehr zu ertüchtigung, gut zu entsprechen  vermag. Insofern spräche einiges dafür, eine Variante einer auf freiwilliger Basis erfolgenden Aufstockung der Bundeswehr in personeller Hinsicht den Vorzug gegenüber einer nicht auf Freiwilligkeit beruhenden allgemeinen Wehrpflicht zu geben.

     

Beziehungen:
DOI 10.25592/uhhfdm.17625
Lizenzen:
  • https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode
  • info:eu-repo/semantics/openAccess
Quellsystem:
Forschungsdatenrepositorium der UHH

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oai:fdr.uni-hamburg.de:17626