Ordo und Ethos im Hortus Deliciarum : Das Bild-Text-Programm des Hohenburger Codex zwischen kontemplativ-spekulativer Weltschau und konkret-pragmatischer Handlungsorientierung
,
Ordo and Ethos in the Hortus Deliciarum : The programme of image and text in the Hohenbourg Codex between speculative contemplation of the world and orientation towards pragmatic action
Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky
Erscheinungsjahr:
2003
Medientyp:
Text
Schlagworte:
Enzyklopädie <Mittelalterliche>
Herrad <of Hohenbourg>
Austin canons
Virtues and vices
Concept of history
medieval illuminated manuscripts
090 Handschriften, seltene Bücher
11.52 Mittelalterliches Christentum
20.27 Bibel
21.10 Miniaturmalerei
Herrad <von Landsberg>
Augustiner-Chorherren
Frauenseelsorge
Tugenden und Laster
Mittelalter / Geschichte 900 - 1250
Buchmalerei
ddc:090
Herrad <von Landsberg>
Augustiner-Chorherren
Frauenseelsorge
Tugenden und Laster
Mittelalter / Geschichte 900 - 1250
Buchmalerei
Beschreibung:
In der vorliegenden Dissertation zum Hortus deliciarum der Herrad von Hohenburg werden die das Weltverständnis des Werkes bestimmenden Ordnungsvorstellungen und ethischen Zielsetzungen analysiert. Hypothese ist, dass sich hinter den Aussagen der mittelalterlichen Enzyklopädie zur Welt und den ethischen Darlegungen eine Weltordnungskonzeption verbirgt, die auf die konkrete Lebensgestaltung der Hohenburger Kanonissen ausgerichtet ist. Nach der historischen Situierung des Hortus deliciarum erfolgt zunächst eine kurze Darlegung der Selbstaussagen der Verfasserin über die Gebrauchsfunktion und Wirkabsicht des Werkes sowie der wesentlichen Dispositionsprinzipien der Stofforganisation. Im Hauptteil werden dann ausgewählte Themenkomplexe des Bild-Text-Programms analysiert: das Gottesbild, die Aussagen zum Bösen, zur Anthropologie und Kosmologie, das Geschichtsverständnis und die Jenseitsvorstellungen. Eine detaillierte Untersuchung gilt dem Kirchenbild mit seinen historisch-politischen Implikationen und der gegenwartsbezogenen Tugend- und Lasterlehre. Abschließend wird die normative Sinnstiftung des inhaltlichen Programms für die Binnenstruktur des Hohenburger Konvents in den Blick genommen Die Texte und simultan perzipierbaren Illustrationen werden dabei als komplementäre Sinnträger betrachtet. Durch die Einordnung der Illustrationen in die ikonografische und der Texte in die theologische Tradition wird ein Vergleichhorizont ähnlicher oder divergierender Vorstellungen geschaffen. Übergreifend ist die Analyse der Texte und Miniaturen eingelassen in die funktionsgeschichtliche Frage nach der Bedeutungskonstitution der ermittelten Aussagen für den konkreten Wirkungsraum des Hohenburger Stiftes. Nachgewiesen wird, dass der Hortus deliciarum ein in sich homogenes Ordnungssystem von der Welt und ihrer Geschichte bietet, in das Gott und alles Geschaffene eingebracht ist. Über seine theoretisch-spekulativen Erörterungen zur Welt hinaus zeigt das Werk in seinen kirchenkritischen Äußerungen und ethischen Forderungen einen konkreten Gegenwartsbezug. In der Phase der internen Reorganisation des Hohenburger Stifts gibt Herrad von Hohenburg ihren Kanonissen ein Weltordnungssystem an die Hand, das letztlich auf die Integration des Frauenstiftes in die regularkanonische Reformbewegung mit seinem Werte- und Normensystem ausgerichtet ist. Damit reiht sich der Hortus deliciarum in das Frauenseelsorgeschrifttum ein, das dem Fehlen autoritativer Direktionsschriften für weibliche Religiose zu begegnen suchte. Die Arbeit liefert einen Beitrag zur Analyse der Programmatik des Hortus deliciarum und belegt die Kontinuität des ordo-Denkens in der Zeit zwischen den großen Ordnungsentwürfen eines Augustinus und Thomas von Aquin. Gleichzeitig eröffnet sie Perspektiven für die Erforschung des Zusammenhanges zwischen der Ausbreitung der Regularkanonikerbewegung und des Frauenseelsorgeschrifttums im 12. Jahrhundert.