Perspektiven der Medienregulierung,Perspectives on media regulation

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Autor/in:
Verlag/Körperschaft:
Nomos Verlag
Erscheinungsjahr:
2025
Medientyp:
Text
Schlagworte:
  • Medienregulierung
  • Plattformregulierung
  • 300: Sozialwissenschaften, Soziologie
  • ddc:300
Beschreibung:
  • Wer im Medienbereich geschäftlich tätig sein will, muss einen komplexen Ordnungsrahmen aus Regeln und Institutionen einhalten. Das zeigen die Darstellungen des gegenwärtigen Regulierungsrahmens für Medienunternehmen in den betrachteten Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie der medienrelevanten Politik der Europäischen Union. In Deutschland besteht der Ordnungsrahmen der Medienregulierung aus Regeln und Institutionen der EU, des Nationalstaates und des Länderföderalismus. Es zeichnet sich der Trend ab, dass das Regulierungssystem auch das Internet sowie die Online-Plattformen und Internet-Intermediäre wie z. B. die Betreiber der Suchmaschinen erfasst. Inwieweit für die Schweiz ein mit dem DSA vergleichbares Regelwerk für Online-Plattformen entwickelt wird, bleibt abzuwarten (V.5). Jedenfalls hat die von der EU angestoßene Dynamik der Medienregulierung in den letzten acht Jahren im Vergleich zu der letzten Auflage des Handbuchs erhebliche Veränderungen eingeleitet, die alle Mediengattungen betreffen. Die Zukunftsfrage ist, welche entscheidende Rolle die Medienregulierung in der digital transformierten und plattformökonomisch strukturierten Medienlandschaft bei der Gewährleistung der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildungsprozesse haben wird. Zwar kann die Dekonzentration durch das Internet und die die Meinungsfreiheit stärkende Desintermediation als vielfaltsstärkend und i. d. S. als positiv angesehen werden. Allerdings entstehen zugleich neue Herausforderungen durch die zunehmende Konzentration der internationalen Online-Plattformen sowie durch die Risiken von Desinformationskampagnen und Straftaten im Internet und in den sozialen Medien. Die traditionellen Regulierungsmodelle der Vielfaltssicherung wie Beteiligungs- und Zuschaueranteilsmodelle und Public-Service-Medien erfassen die Risikopotenziale nicht ausreichend. Der Gestaltungswille der Medienpolitiker ist zwar erkennbar, allerdings gibt es ein Spannungsverhältnis zwischen kommunikations- und wirtschaftspolitischen Zielen: Unter anderem sollen die wirtschaftlichen Chancen der digitalen Transformation genutzt und die Wirtschaft Europas bei diesen „Schlüsseltechnologien“ und Branchen international wettbewerbsfähig aufgestellt bleiben. Soweit notwendig, soll die digitale Transformation auch industriepolitisch gefördert werden, damit die europäische Industrie im internationalen Wettbewerb mithalten kann. Ein Beispiel für wirtschafts- und industriepolitische Erwägungen sind die Techniken, die unter dem Begriff „künstliche Intelligenz“ fallen. Der Einsatz der KI kann aber zugleich auch Fragen der Medienregulierung berühren. Letzteres wird umso wahrscheinlicher, wie sich „Desinformation“ nicht eindeutig auf rechtswidrige Inhalte bezieht und der Konflikt zwischen Desinformationskampagnen und der durch das Internet gestärkten Meinungsäußerungsfreiheit auch nicht mit „neutraler Technik“ gelöst werden kann. Die wesentlichen Änderungen der letzten Jahre gehen auf Veränderungen im EU-Recht zurück. Die Änderungen erfordern entsprechende Anpassungen des nationalen Rechts in den Mitgliedstaaten. Dass sich das Europarecht als einflussreicher Treiber erweist, verdeutlichen insbesondere die Darstellungen des aktuellen Regulierungsrahmens für Medienunternehmen in Deutschland und Österreich, wo z. B. die ersten nationalen Gesetzesinitiativen zur Regelung des Problems der Desinformationskampagnen – das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz und das österreichische Kommunikationsplattformgesetz – vom EU DSA abgelöst wurden. Zu den nationalen Anpassungen an das Europarecht zählen z. B. die Modernisierung des Medienstaatsvertrags wie auch die Durchführungsvorschriften des DDG. 2024 startet die Umsetzung des DSA, woraus dann die ersten Erfahrungen mit der Anwendungspraxis resultieren werden. Das betrifft insbesondere die Beschwerdeverfahren, Sorgfaltspflichten und das Management der Systemrisiken durch die Online-Plattformen. Die Etablierung des DSA treibt die EU Kommission z. B. im Jahr 2024 durch die Eröffnung mehrerer Verfahren gegen Online-Plattformen an. Zum Beispiel ordnet sie TikTok als sehr große Online-Plattform (Very Large Online Platform, VLOP) gemäß DMA ein und prüft, ob TikTok die Regeln des DSA zum Schutz der Minderjährigen, zur Transparenz bei Werbung, zum Datenzugang für Forscher sowie zum Risikomanagement und zu den Pflichten zur sorgfältigen Prüfung angesichts systemischer Risiken (z. B. durch süchtig machendes Design und „Kaninchenloch“-Effekt) und schädlicher Inhalte einhält. Die aktuelle Entwicklung stützt die These, dass sich die Medienregulierung angesichts der digitalen Transformation neu erfindet. Allerdings ist der aktuelle Prozess in seinen Konsequenzen für die Anwendungspraxis derzeit nicht ausreichend einschätzbar. Deshalb ist eine von den Verfahrensbeteiligten unabhängige wissenschaftliche Begleitforschung erforderlich. Von daher stellt sich die Frage, inwiefern der Veränderungsprozess erforscht, wissenschaftlich begleitet und kontinuierlich hinsichtlich kommunikationspolitischer Ziele evaluiert wird.
  • AlternativeReviewed
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